05 Februar 2015

Gott fährt Mercedes



Wie Goethes Faust als Einflussgröße auf den Film Lost Highway von David Lynch gelten kann.

Nach der Kinovorstellung warten die drei jung gebliebenen Cineasten und ehemaligen Charaktere aus Der Tragödie erster Teil auf die Zehn nach Linden. Währenddessen bleibt Zeit für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der vermeintlichen figurativen Wiedererkennung von Faust, Mephistopheles und Margarethe in Lost Highway.
Alles steht und fällt mit dem namenlosen Mystery Man. Die Bezeichnung Mystery Man selbst kann lediglich aus dem Abspann entnommen werden. Ein offensichtliches äußerliches Merkmal ist sein blass-weißes Gesicht, das an die verfilmte Faust-Inszenierung von Gustav Gründgens erinnert. Gründgens ist in der Rolle des Mephistopheles weiß geschminkt. Ab diesem Punkt lohnt es sich, die Handlungen dieser beiden Figuren miteinander zu vergleichen, nur, um bald auf Widersprüchlichkeiten zu stoßen: Faust lädt den Pudel, dessen Kern Mephistopheles ist, zu sich ein. Der Protagonist des ersten Filmabschnitts, Fred, lädt den Mystery Man hingegen nicht ein, doch sagt ihm dieser, dass er seine Wohnung nicht ohne Einladung betreten hätte. Er würde nicht dort auftauchen, wo er nicht erwünscht sei. Das sagt Mr. Mystery, als er auf Andys Party vor Fred steht. Er reicht ihm ein Mobiltelefon und offenbart ihm, dass er gleichzeitig auch in Freds Haus sei und fordert ihn auf, zuhause anzurufen. Mr. Mystery hebt dort den Hörer ab und es entsteht ein Trialog mit zwei Gesprächspartnern – oder ein Dialog mit drei Gesprächspartnern. Die Bezeichnungsmöglichkeiten für ein derartiges Setting scheinen vielfältig zu sein. Anders als der selbstbewusste Faust, der Mephistopheles bei sich zuerst einsperrt, also den Teufel fängt, weil dieser seinen standestypischen Reglementierungen zum Betreten und Verlassen von Häusern unterworfen ist, fürchtet Fred den Mystery Man, den er tatsächlich – soweit er sich erinnern kann – nicht eingeladen hat. Fred fragt Mr. Mystery, wer er sei. Der lacht. Mephistopheles antwortet auf diese Frage weitaus lieber.