24 Juli 2012

Zweiter Blauthermiktag

Jonas: ich sag mal, Blauthermik, viel Wind und Cirren – ist nicht so optimal.

Müde aufgewacht, eingespielter Vorbereitungsablauf rüstet zwei Flugzeuge in fünf Minuten auf. Der Meteorloge hat seine Optimismussonnenbrille nicht auf: Blauthermik. Warmluftadvektion. Hochkern zieht weiter nach Weißrussland. Kleines Tief über Süddeutschland gewinnt an Stärke. Wo gestern noch mittleres Steigen von 2,5 Metern zu erwarten war, verbleiben jetzt noch 1,5 Meter pro Sekunde.
Jonas und ich stehen heute in Reihe zwölf, Timm eine dahinter. Wir starten gemeinsam. Die Wilgas schleppen trotz der Temperatur von 28 Grad zuverlässig. Zuerst setzt in der Clubklasse Pulkbildung ein, dann in der Standardklasse. Unsere Aufgabe ist ähnlich der gestrigen. Dreiecksform mit erster Wende Burg bei Magdeburg – ab in den Süden. Die meiste Zeit schwitzen wir in 800 Metern. Die Pulks sind eng, die Steigwerte – wie angekündigt – schlecht. 
 
Ein Großteil des Funkverkehrs im Team besteht darin, Steigwerte zu nennen, die  zwar für sich genommen gut, aber schon Vergangenheit sind, als sie vom Ohr des Anderen gehört werden. 


Ohne Pulk und ohne Höhe stochern wir über den Wäldern durchs Blaue und versuchen, eine passable Abflughöhe zu erfliegen. Als letzter fliegen wir zusammen mit Bennet aus Celle ab und kommen zuerst relativ gut voran. Das heißt: wir finden ein paar Bärte, bis Bennet vorausfliegt, als wir einen Gang zurückschalten und im Thermikschnüffelmodus erst einen halben, dann einen, dann zwei Meter aus 500 Meter Höhe ausgraben. Leider landet Bennet er kurz darauf außen.

Er würde nicht der erste sein, den wir am Boden sehen werden. Als wir die Havel überfliegen, sehen wir mehrere Pulks an der A2. Direkt nördlich der Autobahn liegen schon die nächsten – welcher Klasse die Flugzeuge sind, können wir nicht ausmachen. 


Flugplatz Burg rechts von uns, ein Pulk über uns, geringes Steigen. Jonas ist tiefer und nimmt mit, was er kriegen kann. Timm und ich verlagern nach Westen in Richtung Wende, die südlich der Autobahn liegt. Grandioses Bild: auf dem Flugplatz Burg liegen etwa 20 Flugzeuge aus unserem Wettbewerb. Einige kreisen. Der Pulk ist ortsfest. Überm Knast genau südlich der Autobahn kreist er. Aus Versehen wende ich. Nun, in 400 Metern Höhe, ist es an der Zeit, das Pulk anzusteuern und an seinem Saum meinen Platz zu finden. Timm ist auch da. Jonas ist auch noch da. Wir kreisen uns einen Wolf. Auf dem Acker vor der JVA liegen Zwei, weiter im Süden hat sich auch einer abgelegt. Das Team spielt seine Stärke aus. Dauerfunkkontakt bringt uns wieder zusammen. Timm war schon fast vor einer Außenlandung. In etwa 1000 Metern geht es weiter Richtung zweite Wende. 30 Km/h Wind auf der Nase. Da müssen die Bärte stark sein, da müssen die Bärte regelmäßig kommen.



Was kommt, ist ein Acker bei Drewitz. Das ist gleich bei Dörmitz. In Dörmitz gibt es einen Laden, der kühl ist, vor dem viele Leute sitzen, die tagsüber vergleichsweise wenigen Beschäftigungen nachgehen. Das Radler ist sehr günstig, das Glas Würstchen brauchen wir jetzt auch. Die Stunde Fußmarsch hat sich gelohnt.
Das alles passierte ziemlich schnell: Der Wald hier vor uns wird jetzt gehen, der ist so dunkel – der Wald ging nicht; das ED-R muss jetzt gehen – in der Tat, der Rand des ED-Rs Altengrabow hätte ziehen müssen. Timm ist tief. Er biegt links in Richtung Norden ab. Die Sandkuhle muss ziehen. Aber die Sandkuhle ist auch tot. Jonas meldet zwei Meter vom Schießgebiet, die aber immer wieder weg sind. Wäre man nur 200 Meter höher gewesen, hätte man den Bart sicher zentrieren können. Timm landet auf einem abgeernteten Getreidefeld gleich bei der Sandkuhle. Im Endanflug gibt er mir  noch ein paar Informationen über den gewählten Acker. Der macht einen guten Eindruck: Straße am Ostende, Ortschaft in der Nähe.
Fahrwerk fährt aus, Gegenanflug, Endteil – BravoDeltas Hauptrad fügt sich schmatzend in die Treckerspur. Stroh ist zu kleinen Reihen zusammengefurcht. Es gleitet am Rumpf entlang. IJK und Timm sausen an meiner linken Seite vorbei. Eine Spannweite vor der Bundesstraße lege ich die Fläche ab, schnalle mich los. Als ich aussteige, ist Jonas auch schon da. Er steht weit hinter mir. Wir drei gehen nahtlos in unser tägliches Debriefing über und befinden über unseren Flug: 

100 Km Strecke nicht geschafft. 4 Stunden in der Luft gewesen. Außengelandet. Aber mindestens 30 Flugzeuge hinter uns gelassen.

Morgen erwarten wir gegen Nachmittag von Südost Cumuli mit hoher Basis. Zuvor wird es aber blau bleiben. Aber mit weniger Wind.



Mittlerweile steht fest: Kein einziger Pilot ist ohne Motorkraft zurück zum Flugplatz gekommen. Wir haben keine 90 Kilometer zusammengeflogen. Andere schnitten beim Ackerweitwurf besser ab. Weil keine Geschwindigkeitswertung zustande kommt, sind die Punkteabstände aber äußerst gering und wir verlieren nicht signifikant auf unsere Konkurrenz, was in der Wertung nachzulesen ist.